Grußwort für das Programm Juli - September 2003
zurück

Liebe Mitglieder und Freunde der Kolpingsfamilie Rötz,

2000 Jahre alt ist das Christentum, grob gerechnet, und wenn man die unverzichtbaren jüdischen Wurzeln auch dazunimmt, noch viel, viel älter.
2000 Jahre alt ist auch das so genannte „Jesus-Boot“, ein Fischerboot, das zwei Brüder im Januar 1986 im Schlamm des Sees Gennesaret entdeckten. Umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen wurden getroffen, um es schadlos zu bergen. Man goss es für die Bergung und den Transport in Schaumstoff ein. Schon ein Jahr später konnte ich es während einer Israelreise wie viele andere Besucher in einem provisorischen Museum besichtigen, vom Styropor-Mantel befreit und in einer Art überdimensionaler Badewanne liegend. Sehr vorsichtig ging man dann auch zu Werk, um das morsche Boot, das jeden Augenblick an der Luft zerfallen konnte, zu sichern. Inzwischen dürften die Konservierungsarbeiten abgeschlossen sein, bei denen eine chemische Lösung dem Holz das Wasser entziehen und es wieder härten sollte. Die Kosten für das ganze über sieben Jahre in Anspruch nehmende Projekt wurden damals auf ca. 100.000 Dollar geschätzt. So viel ist der Forschung und Nachwelt an einem morschen Fischerboot aus der Zeit Jesu gelegen, so viel ist es der Wissenschaft wert.
Und dabei bleibt es fraglich, ja höchst unwahrscheinlich, dass dieses Boot einem der Jünger Jesu gehört hat und dass Jesus vielleicht gar selbst einmal darin saß.
Ein altes Boot ist den Menschen trotzdem so viel wert.
Wie viel ist uns unser Glaube an diesen Jesus wert, der damals gelebt hat und als Wanderprediger die Frohe Botschaft von Gott verkündete, der Wunder wirkte und schließlich für das Heil der Menschen am Kreuze starb und wieder auferstand?
Geben wir es ruhig zu: Brüchig und morsch und allerorten gefährdet ist dieser Glaube doch auch geworden in diesen 2000 Jahren, immer wieder bezweifelt, geleugnet, angefeindet, aber auch vehement verteidigt.
Brüchiges und Morsches wird, wenn es einem wertvoll erscheint, nicht einfach weggeworfen, wie der Fund des Fischerbootes zeigt. Viel Mühe wendet man auf, viel Geld, um es zu retten.
Aber noch viel mehr wert muss uns doch dann Jesus selbst sein und seine Botschaft.
Das gilt es zu sichern und über die Zeiten hinweg zu retten.
Alt ist unser Glaube und sicher hier und dort auch morsch und einer großen Erneuerung bedürftig. Aber er kann jung und neu und dynamisch sein, weil er mit jedem Menschen, der sich zu ihm bekennt, neu zu leben beginnt, aus alten Wurzeln Kraft schöpft und wächst und gedeiht.
Das Jahr der Bibel wäre eine Chance, dass wir uns neu auf die Werte unseres alten Glaubens besinnen und so Schätze heben, die in Gefahr sind, in Vergessenheit zu geraten und verloren zu gehen.

Mit herzlichen Kolpinggrüßen

Otto Nachtmann, Präses
zurück