Liebe Mitglieder und Freunde der Kolpingsfamilie Rötz,
2000 Jahre alt ist das Christentum, grob gerechnet, und
wenn man die unverzichtbaren jüdischen Wurzeln auch dazunimmt, noch viel, viel älter.
2000 Jahre
alt ist auch das so genannte Jesus-Boot, ein Fischerboot, das
zwei Brüder im Januar 1986 im Schlamm des Sees Gennesaret entdeckten.
Umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen wurden getroffen, um es schadlos zu bergen.
Man goss es für die Bergung und den Transport in Schaumstoff ein. Schon
ein Jahr später konnte ich es während einer Israelreise wie viele
andere Besucher in einem provisorischen Museum besichtigen, vom Styropor-Mantel
befreit und in einer Art überdimensionaler Badewanne liegend. Sehr vorsichtig
ging man dann auch zu Werk, um das morsche Boot, das jeden Augenblick an der
Luft zerfallen konnte, zu sichern. Inzwischen dürften die Konservierungsarbeiten
abgeschlossen sein, bei denen eine chemische Lösung dem Holz das Wasser
entziehen und es wieder härten sollte. Die Kosten für das ganze über
sieben Jahre in Anspruch nehmende Projekt wurden damals auf ca. 100.000 Dollar
geschätzt. So viel ist der Forschung und Nachwelt an einem morschen Fischerboot
aus der Zeit Jesu gelegen, so viel ist es der Wissenschaft wert.
Und dabei bleibt
es fraglich, ja höchst unwahrscheinlich, dass dieses
Boot einem der Jünger Jesu gehört hat und dass Jesus vielleicht gar
selbst einmal darin saß.
Ein altes Boot ist den Menschen trotzdem so viel
wert.
Wie viel ist uns unser Glaube an diesen Jesus wert, der damals gelebt
hat und als Wanderprediger die Frohe Botschaft von Gott verkündete, der Wunder
wirkte und schließlich für das Heil der Menschen am Kreuze starb
und wieder auferstand?
Geben wir es ruhig zu: Brüchig und morsch und allerorten gefährdet
ist dieser Glaube doch auch geworden in diesen 2000 Jahren, immer wieder bezweifelt,
geleugnet, angefeindet, aber auch vehement verteidigt.
Brüchiges und Morsches wird, wenn es einem wertvoll erscheint, nicht
einfach weggeworfen, wie der Fund des Fischerbootes zeigt. Viel Mühe wendet
man auf, viel Geld, um es zu retten.
Aber noch viel mehr wert muss uns doch
dann Jesus selbst sein und seine Botschaft.
Das gilt es zu sichern und über
die Zeiten hinweg zu retten.
Alt ist unser Glaube und sicher hier und dort auch
morsch und einer großen
Erneuerung bedürftig. Aber er kann jung und neu und dynamisch sein, weil
er mit jedem Menschen, der sich zu ihm bekennt, neu zu leben beginnt, aus alten
Wurzeln Kraft schöpft und wächst und gedeiht.
Das Jahr der Bibel wäre eine Chance, dass wir uns neu auf die Werte unseres
alten Glaubens besinnen und so Schätze heben, die in Gefahr sind, in Vergessenheit
zu geraten und verloren zu gehen.
Mit herzlichen Kolpinggrüßen
Otto Nachtmann, Präses