Grußwort für das Programm September – Dezember 2004
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Liebe Kolpingsfamilie,

die UNO hat das Jahr 2004 zum Jahr der Familie erklärt. Offensichtlich besteht Handlungsbedarf. Auch das Internationale Kolpingwerk hat für Jahr 2004 den Schwerpunkt gewählt: „Menschen brauchen Familie – Kinder brauchen Eltern.“

Wenn das stimmt, was da über die Bedeutung der Familie gesagt wird, und es stimmt tatsächlich! - dann hätten in unserem Land schon längst die Warnblinkanlagen aufleuchten müssen. Sie leuchteten auch auf, aber viele haben davor die Augen verschlossen und sie nicht wahrhaben wollen. Auch fehlte es nicht an frühzeitigen Warnern, die ihre Stimme erhoben, aber man hörte nicht auf sie. Nun ist es anscheinend nicht mehr zu übersehen, wie sehr die Institution Familie bedroht, ja erkrankt ist.

Individualismus und der Wunsch nach Selbstverwirklichung um jeden Preis stehen bei uns heute vielfach doch im Vordergrund. Dabei bleiben viele Werte, die in einer weitgehend noch intakten Familie auffindbar waren, auf der Strecke. Und immer noch sehnen sich Menschen nach solchen Werten wie Geborgenheit, Zuwendung, Wärme, Vertrauen, liebende Annahme und auch Verzeihung. Und bislang war Familie auch der Ort, wo vorgelebt wurde, was gut und böse ist, was wichtig ist im Leben und worauf es ankommt und wo auch religiöse Werte vermittelt wurden.

Da hat sich heute viel geändert. Globalisierung und Pluralismus brachten nicht nur Segen und Fortschritt, sondern auch viel Unsicherheit, Indifferentismus in Wertfragen und letztlich Gleichgültigkeit zum Schaden unserer Familien und damit auch der Gesellschaft.

Im Zusammenhang mit den Bemühungen um ein vereintes Europa wurden gerade in letzter Zeit immer wieder auch die christlichen Werte angemahnt als geistige und geistliche Wurzeln eines geeinten Europas. Es geht nicht darum, Andersdenkenden unsere christlichen Wertvorstellungen aufzudrängen, aber es geht sehr wohl darum, sie unbehelligt und uneingeschränkt selber leben und damit vorleben zu dürfen, sie geschützt zu wissen und diese christlichen Werte einbringen zu können für das Gemeinwohl und den Frieden, nicht zuletzt auch für das Wohl der Familien.

Durch UNO und Internationales Kolpingwerk ist das Thema „Familie“ weltweit angemahnt. Weltweit stellt sich Familie mit ihrer Problematik jeweils auch anders dar. Unsere Probleme sind nicht unbedingt die Probleme der Familien in der Dritten Welt und umgekehrt.

Wenn uns das Thema „Familie“ wirklich auf den Nägeln brennt – und schließlich nennen wir uns ja auch „Kolpingfamilie“ – dann müssen wir, um glaubhaft sein zu können, mit allen Überlegungen und Verbesserungsvorschlägen bei uns selbst beginnen: im eigenen Herzen, bei uns zu Hause, in unseren Familien, in unserer Kolpingsfamilie, in unserer Pfarrei, in unserer Gesellschaft.

Da haben wir so viel an christlichem Gedankengut einzubringen, und dann haben wir wohl auch andere Augen und bereitere Herzen für so manche Hilfsprojekte, auf die Menschen, auf die Familien in den verschiedenen Kontinenten warten.

Herzliche Kolpinggrüße!

Otto Nachtmann, Präses


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